WAS IST CHRISTLICH - WAS IST HEIDNISCH?


Ein Brief mit vielen Fragen - Versuch einer Antwort




Liebe Briefschreiberin / Lieber Briefschreiber!

Mit Interesse habe ich Ihre Zeilen gelesen. Wenn Sie gestatten, versuche ich folgende Antworten:
Sie schreiben:
Uns ist an vielen Stellen, bedauerlicherweise der Sinn für die Vergangenheit verloren gegangen. Aber eine zeitgemäße Neuformulierung der apostolischen Aussagen wäre sinnvoller. Es würde den Inhalt / Bedürfnisse unserers Alltages besser ausdrücken und uns mehr ansprechen.
Ich versuche eine Antwort:
Die Formulierung eines "Glaubensbekenntnisses" ist mit vielen Schwierigkeiten verbunden:
  1. . Erstens geht es dabei um die Frage, wie der "wahre" Inhalt in der neuen Verpackung wirklich bewahrt werden kann.
  2. . Zweitens ist es nicht Sache eines Einzelnen sondern der Kirche bzw. aller Kirchen.
  3. . Ein Glaubensbekenntnis wird immer eine Abgrenzung gegenüber anderen Religionen sein.
  4. . Ein Glaubensbekenntnis ist nicht nur ein persönlicher, einfacher Satz, sondern es ist ein Bekenntnis der christlichen Gemeinschaft.
  5. . Der Inhalt hat sich - in allen Zeiten - nach dem Evangelium zu richten. Und dies mag - ja wird! - in jeder Zeit konträr zur jeweiligen Modeerscheinung oder auch der Wertvorstellung der Zeit sein (nehmen Sie nur einmal die Frage der Ethik).



Sie schreiben:
Ich gehe auch nicht mehr einen Mammut erledigen, oder meinen Acker bestellen.!!!!! Die Aussage:" Ich muß die Brötchen verdienen" ist schon aus unterschiedlichen Gründen bald überaltert.
Ich versuche eine Antwort:
Zum Teil haben Sie Recht. Aber das vom Mammut war noch nie allgemeine Redensart, während das "Brötchenverdienen" immer noch fester Bestandteil unserer Umgangssprache ist. - Und in einer Zeit der Arbeitslosigkeit wird es für viele Familien zur zentralen Frage.


Sie schreiben:
Die Zeit, wo man ab nun an "Menschen fischen" für das Reich Gottes (Matth.4,18-20; Markus 1,16-18). soll, sind demnach nicht mehr zutreffend. Die meisten Menschen fischen, um Satt zu werden. Das Stimmt!
Ich versuche eine Antwort:
Der Ausdruck "Menschen fischen" ist zugegebener Weise zweideutig, positiv und negativ, aber im Zusammenhang der Jesusgeschichte klar und verständlich. Wir würden wieder viel Verständnis für die "alte Sprache" gewinnen, erzählten wir wieder mehr die biblischen Geschichten. So gewönnen die Menschen aus dem Kontext das rechte Verständnis.


Sie schreiben:
Aber die Relation in der religiösen Moralvorstellung der Menschheit ist nicht gerecht und enstprechend nicht vereinbar mit den "Zehn Geboten". In entwickelten Ländern fischen tatsächlich Menschen nach Menschen, Kunden, Patienten, die sie finanzieren.
Ich versuche eine Antwort:
Ja, in der Tat: Es gibt eine Diskrepanz zwischen den "Zehn Geboten" und den "Moralvorstellungen der Menschen".
Was die Zehn Gebote anbetrifft, so sind sie in unserer hochmodernen Zeit immer noch nicht überholt (es sei denn, sie denken an das Sabbatgebot, oder eben an das erste und zweite Gebot (Gottbezogenheit des Menschen). Die sieben Gebote im Blick auf den Umgang der Menschen untereinander sind ja in die moderne Rechtsprechung eingegangen, auch wenn manche "aufgeweicht" sind, wie zum B. das Gebot "Du sollst nicht Ehe brechen!".
Warum aber sollten wir das, was keinem Menschen schadet sondern nützlich ist nicht so übernehmen, wie es uns die Bibel lehrt, ist es doch eine "persönliche Glaubensentscheidung". Die Kirche als "Leib Jesu Christi" darf doch das für sich gelten lassen? Sie kann sagen: Für uns gelten die Zehn Gebote; wer will, kann ja mit uns die Erfahrung damit teilen.


Sie schreiben:
Sehr entscheidend aber auch, die verarmten dritte Welt-Länder, die seit mind. 2000 Jahren an Jesus glaubend, immer noch nur Fische zum Essen "angeln" müssen.
Ich versuche eine Antwort:
Ist das eine Diskriminierung, wenn ich also diese Tatsache feststelle und aufzeige, daß es noch eine andere Art von "Arbeitszielrichtung" gibt? Wichtig ist allerdings zu sehen, daß nicht nur in den "Armen Ländern" Menschen um ihr tägliches Brot fürchten müssen. Glauben Sie denn, daß es für einen Familienvater oder -mutter in unserer Gesellschaft nicht auch oft schwer ist, ihre Familie durchzubringen?
Ich teile nicht die Auffassung, daß die Menschen in der Dritten Welt wegen unseres Reichtums hier in Europa arm sind. Es gibt da viele Gründe, nicht zuletzt der, daß man denkt, alle müßten in der gleichen Art und Weise leben. Wir haben unseren Reichtum schon bisher teuer bezahlt und werden (so sieht es aus!) auch noch mehr bezahlen müssen. Denken Sie nur an die derzeitigen Öl- und Energiepreise.


Sie schreiben:
Ehrlich gesagt, fände ich das alles es in Ordnung, wenn ich das Gefühl hätte, daß Sie damit glücklich wären. Das aber scheinen sie nicht zu sein. Die Glaubensbekehrungen von damals waren wohl nicht ausreichend oder nicht sinnvoll genug zu sein!!
Ich versuche eine Antwort:
Ich weiß nicht, weshalb Sie den Eindruck haben, daß ich nicht glücklich bin? Natürlich lache ich nicht nur jeden Tag. Es gibt auch schwere Tage. Aber ich bin froh und dankbar, daß ich weiß, daß mein Leben in Gottes Hand ruht. Ich freue mich, daß ich mit all meinem Versagen und Zukurzkommen einen Heiland habe, der mich mit Gott versöhnt hat, nicht aufgrund meiner Leistungen oder Stimmungen, sondern aufgrund seiner Liebe.


Sie schreiben:
Natürlich werden Sie viele treue Anhänger Ihres Glaubens behalten oder neue finden. Das allerdings tun andere Religionen auch! Warum gibt es überhaupt mehrere Religionen, wenn es doch nur einen Gott gibt? Haben bis jetzt alle Gesandte Gottes wie Jesus, Mohammed und einige von dessen Anhänger nicht anerkannte Richtungsgeber versagt?? Anscheinend ja!!
Ich versuche eine Antwort:
Sie haben Recht: ES GIBT NUR EINEN GOTT! - Aber es gibt viele Vorstellungen von Gott, manche, die schon rein äußerlich absurd sind (so, wenn man Geld zum Gott macht oder ein Stück Holz, oder einen Menschen "vergöttert"!). Das Wissen um den EINEN GOTT ist weltweit, weil es im Menschen drin liegt. Nun kommt es aber darauf an, von wem ich mir sagen lasse, wer dieser Gott ist, was er für mich getan hat und was er von mir will. Als Christ glaube ich an die Offenbarung Gottes durch seine Propheten - und am letzten durch seinen Sohn. In Christus sehe ich als Christ, wer und wie Gott ist.
Es geht ja nicht um meine Vorstellung, wer Gott ist sondern es geht um die "Vorstellung Gottes", wie er zu mir ist.


Sie schreiben:
Wir können doch nicht alle hundert Jahre auf einen Heiligen warten, der sich für die Sünden aller seiner Mitmenschen opfert oder einen ursprünglich einmalig vorgeschlagenes Tier als täglichen Ersatzopfer für unsere Sünden nehmen. Damit wären wir doch jetzt ganz von unseren Sünden befreit! oder machen wir uns zum Sünder, in dem wir viele Tiere töten??
Ich versuche eine Antwort:
Sie haben Recht: Seit Jesu Kommen in diese Welt brauchen wir keine "Heiligen" und wir brauchen keine "Tieropfer". Beides ist abgetan durch Christi Heiligkeit und durch die Hingabe seines Lebens für unsere Erlösung. Gott hat in IHM gezeigt, daß er keine Opfer von uns will, sondern daß er uns liebt. Deshalb steht das Evangelium gegen jegliche Art von Heiligenverehrung oder Opferzeremonien.


Sie schreiben:
Und nun möchte ich wieder die Frage der "Dankbarkeit gegenüber der formulierten Sätze" in den Raum stellen dürfen!
Ich versuche eine Antwort:
Dankbarkeit empfinde ich für alles, was in der Heiligen Schrift (Altes und Neues Testament) aufgeschrieben wurde. Es ist ein Zeugnis des Heilsweges Gottes mit den Menschen. Die Sprachgestalt (oder "Sprachkleid") in den über viertausend Jahren (die die biblische Geschichte darstellt) hat sich verändert, so wie sich die Sprache Luthers im Vergleich zu heute verändert hat. Die Bemühung um einen Sprachstil, den die Menschen von heute verstehen, teile ich mit Ihnen. Es gehört ja nicht zuletzt zur Aufgabe eines "Predigers des Evangeliums" (und wir Pfarrer sind - oder sollen solche sein).

Ob Sie nun verstehen, was ich sagen wollte?
Mit freundschaftlichen Grüßen
Ihr
Jakob Stehle, Pfarrer i.R.
72768 Reutlingen-Oferdingen
Telefon: 07121/62 36 12
Fax: 07121/ 62 19 08

Angebote zur Vertiefung in die Fragen:

  1. (Tageswort - Bibelwort für jeden Tag) Tagesworte
  2. (Ortsgemeinschaft) Mramorak
  3. (Bibelhomepage) Glauben und Bekennen
  4. (Die Bibel in einem Jahr) Bibel-Jahresleseplan


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