Besinnung - Jahresbegleiter  

23.Oktober

NICHT SEHEN UND DOCH GLAUBEN

Spricht Jesus zu ihm: Weil du mich gesehen hast, Thomas, darum glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!
Johannes 20,29

Wer kennt sie nicht, die Geschichte vom "ungläubigen Thomas"? Er ist mit seiner Jesuserfahrung in das Evangelium eingegangen, genauso wie Petrus mit seiner Christusverleugnung; genauso wie jene Frau, die ihn zum Begräbnis gesalbt hat; genauso wie der einstige Christenverfolger Saulus, der dann zum Paulus wurde.

Dramatisch muß es zugegangen sein, damals, als die Jünger plötzlich ohne ihren Herrn waren: Enttäuscht und zutiefst erschüttert über seinen Kreuzestod und voller Angst vor ihren eigenen Volksgenossen, hatten sie dann den Ostermorgen erlebt. Da war es zuerst das Staunen der beiden Jünger (Petrus und Johannes), als sie das Grab leer vorfanden; da war die Begegnung Marias (von Magdala), die dann zu den Jüngern sagte: "ICH HABE DEN HERRN GESEHEN; UND DAS HAT ER ZU MIR GESAGT! (Joh.20,18), oder aber die Erscheinung Christi unter den Jüngern.
Thomas hatte dies versäumt und er wehrt sich mit Händen und Füßen gegen diese Botschaft, daß Jesus von den Toten auferstanden sei. Er konnte es einfach nicht glauben!
Doch auch ihm zeigt sich Jesus und er - Thomas - kann nur noch sagen: MEIN HERR UND MEIN GOTT!

Und wir?
Da sagte neulich ein Christ zu mir: Ich kann zwar hören, daß es Gott gibt, ich kann mir das aber gar nicht vorstellen!
Geht es uns nicht auch so mit der Botschaft von der Auferstehung Jesu? Vor unseren Augen ist der Tod! Jeden Tag aufs neue! Wir brauchen nur die Zeitung aufschlagen und einen Blick in die Todesanzeigen werfen. Und wie oft sind wir auch schon vor einem Sarg oder einem offenen Grab gestanden, voller Erschütterung.

Thomas hatte eine Bedingung geknüpft, um die Botschaft von Jesu Auferstehung zu akzeptieren: Wenn ich nicht sehe und wenn ich nicht fühle, dann kann ich nicht glauben! Ihm räumte der Auferstandene die Chance ein, zu sehen und zu fühlen. Und wie ist das mit uns?

Die Verheißung Jesu gilt nun aber nicht jenen, die unbedingt sehen wollen (also nur ihren Augen vertrauen!) und die fühlen (d.h. ein Gefühlserlebnis haben wollen), nein, sie gilt jenen, die nichts sehen und nichts fühlen und doch glauben (Anmerkung), daß ihr Herr und Heiland lebt. Das nennt die Bibel rechten Glauben, rechtes Gottvertrauen.
Und trotzdem durften wir auch schon oft zusätzlich sehen und fühlen, wie Gott durch seinen Sohn in dieser und unserer kleinen Welt hilft. Wo aber nicht, da gilt für uns ganz besonders Christi Verheißung: Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.




Anmerkung: Glaube meint ja nicht einfach etwas für wahr halten oder durch Argumente und Beweise überführt werden. Glaube heißt, sich und sein Leben und diese Welt in Gottes Liebe und Weisheit geborgen wissen, die in Christus Jesus Mensch wurde. Glaube ist "Gottvertrauen"!
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    Pfarrer i.R. Jakob Stehle
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