Besinnung - Jahresbegleiter  

20.September

DER HERR IST GERECHT UND GNÄDIG

"So werden die Letzten die Ersten und die Ersten die Letzten sein."
Matthäus 20,16

Man muß sich zunächst einmal bei diesem Wort den Zusammenhang vor Augen führen:
Jesus erzählt das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg. Zu verschiedenen Tageszeiten werden die Arbeiter von dem Herrn des Weinbergs in die Arbeit gerufen. Er macht mit den ersten einen Tageslohn aus - gerecht und fair. Sie gehen auf diesen "Vertrag" ein. Sie erfüllen ihre Seite, indem sie die Tagesarbeit leisten; der Herr erfüllt seine Seite, indem er ihnen den versprochenen Tageslohn gibt.

Nun hat der Herr aber im Laufe des Tages zu verschiedenen Zeiten noch andere Arbeiter angedingt und ihnen versprochen: "Geht ihr auch hin in den Weinberg; ich will euch geben, was recht ist."
Als der Abend angebrochen war und es zur Auszahlung kam, erhielten die später Eingestellten vom Herrn (in seiner Gnade!) auch einen vollen Tageslohn.

Und nun beginnt das Murren der Ersten. Obwohl ihnen der Herr nicht Unrecht getan hatte, stoßen sie sich an seiner Freizügigkeit.
Wir sagten ja bereits, daß es ein Gleichnis ist. Und zwar ein Gleichnis im Blick auf das "Himmelreich". Das ist die Umschreibung für das "Reich Gottes". Dies wiederum dürfen wir nicht etwa so verstehen, was (vielleicht!) einmal sein wird und dann (vielleicht) in einer Region, die uns nicht berührt, sondern vielmehr als den "Bereich, in dem Gottes Regeln Wirklichkeit sind". Diese "Regeln Gottes" aber sind Wahrheit und Gerechtigkeit, Liebe und Ordnung, Gnade und Gericht. Was soll damit ausgesagt werden?
Nach dem Gesamtzeugnis des Matthäus-Evangeliums geht es ja um das Zeugnis gegenüber Israel, daß Jesus der verheißene Messias ist. Er bringt Israel, was Gott ihnen verheißen hat: Das ewige Königreich. Und er, der Messias, öffnet sozusagen das Tor zum Weinberg weit und beruft auch andere - die Heiden - in seinen Weinberg:
Israel erhält, was Gott ihnen von alters her versprochen hat!
Die Heiden erhalten mehr, als ihnen zusteht - sie erhalten Gottes Lohn "aus Gnaden".

Israel, das Volk Gottes, sieht darin eine Ungerechtigkeit. Denn sie, das Volk Gottes, die "Ersten" hatten in ihrer Geschichte so viel ertragen und getragen. Sollten sie nicht mehr bekommen?
Der Herr sagt: Nein; jeder, der sich rufen läßt, bekommt von mir den ausgemachten Lohn. Israel, mein Volk, was ich Dir in Abraham versprochen habe und durch die Propheten immer wieder bezeugt habe, das gebe ich dir! Die Heiden jedoch bekommen keine Vergütung für ihre Arbeit, sie bekommen einen "Gnadenlohn".

Erster und Letzter sein ist letztlich nicht entscheidend. Seit dem Kommen Jesu spielt es keine Rolle mehr, ob man aus Israel kommt oder aus den Heiden. Entscheidend ist die Treue des Herrn einerseits (gegenüber Israel) und die Gnade andererseits (gegenüber den Heiden).

"Recht" und "Gnade" sind in Christus aus der Hand Gottes eins.


  • 38.Woche


  • Hinweis
    262.Lesung


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    Pfarrer i.R. Jakob Stehle
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