Besinnung - Jahresbegleiter  

1.Oktober

ABBA - LIEBER VATER

Jesus sprach: "Abba, mein Vater, alles ist dir möglich; nimm diesen Kelch von mir; doch nicht, was ich will, sondern was du willst."
Markus 14,36

Dreimal nur im Neuen Testament wird das aramäische Wort "Abba" ("Lieber Vater") verwendet:
  • hier im Gebet Jesu in Gethsemane
  • und bei Paulus:
    • im Römerbrief (8,15)
    • und im Galaterbrief (4,6)
Es ist ja ein besonderes Kennzeichen des Evangelisten Markus, daß er uns Ausdrücke und Wendungen aus der von Jesus gebrauchten aramäischen Sprache übersetzt (z.B. 3,17 "Boanerges" = "Donnersöhne"; 5,41 ; 7,11.34 ; 15,22.34 )
Der Name "Abba" drückt eine besonders innige Verbindung zwischen dem Kind und dem Vater aus. Bibelwissenschaftler weisen darauf hin, daß im Judentum zur Zeit Jesu dagegen nur das feierliche "Ab" in Gebetsanreden verwendet wurde.
"Abba" kann mit "mein Vater", "mein lieber Vater" übersetzt werden.
Jesus hat damit den Gebetsanruf an Gott geprägt, der später unter den ersten Christen verwendet wurde. Es ist letztlich nichts anderes als ein "Hilfeschrei an den Vater".

Und so verwendet Jesus in einer seiner schwersten Stunden, dort im Garten Gethsemane, diesen Ruf zum Vater. Markus berichtet uns, daß Jesus "anfing zu zittern und zu zagen" (14,33). Er bekennt es vor seinen Jüngern: "Meine Seele ist betrübt bis an den Tod." (14,34b). Hier hören wir den Stoßseufzer des Beters im Alten Testament: "Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir?" (Psalm 42,6.7.12; 43,5)

Jesus weiß um seinen Weg. Es ist der Weg ans Kreuz, ins Leiden und Sterben. Und das geschieht nicht wegen seiner Sünde sondern wegen der Sünden der Welt.
Und Jesus weiß, daß der Vater ihn dazu gesandt hat. Er fleht um einen anderen Weg und stellt sich doch ganz unter den Weg Gottes: "Doch nicht, was ich will, sondern was du willst."

Jesus nimmt aus der Hand seines himmlischen Vaters den "Kelch des Leidens", damit nach seinem Tod am Kreuz und nach seiner Auferstehung er den Seinen den "Kelch des Heils" reichen kann.

In beidem ist er uns Heiland aber auch Lehrer: Daß auch wir, wenn es ins Leiden geht, nie und nimmer vergessen, daß wir einen "lieben Vater im Himmel" haben. Auch wenn Menschen Werkzeuge sind, die uns Leiden zufügen, so geht es nicht an Gott vorbei. Gott reicht uns den Kelch des Leidens aber er reicht uns auch den Kelch des Heils. Sowohl das eine wie auch das andere stehen in seiner gnädigen Hand.

Dietrich Bonhoeffer (1906-1945) hat dies in seinem Lied (EG 65) so formuliert: "Und reichst du uns den schweren Kelch, den bittern des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand, so nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern aus deiner guten und geliebten Hand."

Damit hat er seine Übersetzung des Anrufs "Abba" für uns definiert: "Die gute und die geliebte Hand".


  • 39.Woche


  • Hinweis
    273.Lesung


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    Pfarrer i.R. Jakob Stehle
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