Besinnung - Jahresbegleiter  

13.Juni

GOTT FRAGT DEN MENSCHEN

"Wo warst du, als ich die Erde gründete? Sage mir's, wenn du so klug bist!"
(Hiob 38,4)

Sie haben nun alle gesprochen: Hiob, der Mann des Leidens, die Freunde mit ihren Erfahrungen und auch Elihu, der vierte Freund, mit seinem Verstand.
Jeder hatte das Seine zum Rätsel des Leidens Hiobs beigetragen. Große und schwere Gedanken kamen zur Sprache; Weisheit und Theologie kamen zu Wort. Das Unerklärliche sollte geklärt werden. Nichts im Leben sollte ohne Antwort bleiben. "So muß es doch sein!" - sagten die einen; aber "So ist es nicht!", erwiderten die anderen.
Wer hatte Recht? Wer hatte die Geheimnisse des Lebens und Erlebens der Menschen erfaßt?

Bei all' diesen Dialogen waren nur Menschen involviert. Jetzt aber meldet sich Gott, der Allmächtige, zu Wort:
"Und der HERR antwortete Hiob aus dem Wettersturm und sprach: Wer ist's, der den Ratschluß verdunkelt mit Worten ohne Verstand!" (38,1.2)
Hiobs Wunsch, daß ihn einer hört und ihm antworte, wird nun erfüllt! Gott redet zu ihm (30,20).
Wenn Gott den Menschen fragt, anspricht, beinhaltet das eine doppelte Botschaft:
  • Der Mensch hört diese Fragen - und er kann auf tausend Fragen keine einzige Antwort geben. Wir sind - wie es so schön heißt - "überfragt".
    Gottes Fragen zeigen uns unsere Endlichkeit und unsere Beschränktheit. Wir können uns nur gegenseitig Antwort geben - und das auch nicht immer so, daß es als "Antwort" verstanden wird.
    Anders ist es, wenn Gott uns ganz einfach die Frage stellt: "Mensch, wo bist du?" Erschreckend wird uns da bewußt, wohin wir uns verrannt haben. Was die Fragen der "Wissenschaften" angeht, so haben wir ja viel gelernt. Wir können tatsächlich auf viele Naturphänomenen unsere Erklärungen (durch Experimente gestützt) geben. Aber bei der Frage unserer Existenz sind wir "sprachlos".

  • Aber im Fragen Gottes ist noch eine andere Botschaft: Wenn Gott uns fragt, dann sind wir in seinen Augen "des Fragens wert" geachtet. Wir werden von Gott "ernst genommen". Er, der Allmächtige, erniedrigt sich zu uns. Er will unser Gesprächspartner sein. Wir dürfen hören, was er zu sagen hat. Das allein ist schon überschwängliche Gnade.
    So fängt das Credo Israels an: "Sch'ma, Israel!" - "Höre, Israel!"
Und dadurch wird Hiob hineingeführt in die Antwort auf die Frage der Rechtfertigung "vor Gott und vor den Menschen"; er wird hineingeführt in die Gerechtigkeit, "die Gott schenkt". Wir Christen haben diese Antwort Gottes gehört im Kreuz und in der Auferstehung seines Sohnes, in Christus Jesus, unserem Herrn.

  • 24.Woche


  • Hinweis
    163.Lesung


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    Pfarrer i.R. Jakob Stehle
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