Besinnung - Jahresbegleiter  

16.Mai

ORT DER BEGEGNUNG MIT GOTT

"So laß nun, mein Gott, deine Augen offen sein und deine Ohren aufmerken auf das Gebet an dieser Stätte."
(2.Chronik 6,40)

Ja, es ist wahr: Gott kann man überall begegnen - oder besser: Gott begegnet uns überall. Er ist an keinen Ort und an keine Zeit gebunden. Es wird oft gesagt: Ich gehe am Sonntag in den Wald; da begegne ich Gott. Man kann nur von Herzen wünschen, daß es so ist. Man kann auch im Wald beten! Man kann auch im Bett beten! Man kann auch an seinem Arbeitsplatz beten! Man kann auch am Steuer ein Stoßgebet sprechen! - Das ist alles unbestritten. Die Frage wird wohl sein: Wie oft geschieht das?

Aber was spricht nun dagegen, daß man zu Gott an einem bestimmten Platz und zu einer bestimmten Zeit betet? Die ersten Christen hatten das Verlangen, zusammen zu beten. Dies setzte sich dann in den vielen Jahrhunderten der Kirchengeschichte fort. Unsere heutigen großen und wunderbaren Kirchen sind Zeugnis dafür. Zusammen beten, erleichtert dem Einzelnen das Beten, auch dann, wenn er vor lauter Sorgen und Nöte nicht mehr selber ein Gebet sprechen kann.

Aber, es kommt noch etwas dazu: Gott selber hat seinem Volk geboten, einen besonderen Tag und einen besonderen Ort aufzusuchen, um Gemeinschaft mit ihm und untereinander zu haben. Das tut nun das Volk unter der Führung Salomos, nach dem Bau des Tempels. Und dafür erbittet Salomo von Gott seinen Segen.

Und es gibt Orte, die einerseits durch Gottesbegegnungen gezeichnet sind (z.B. Bethel), oder andererseits von Gott in besonderer Weise herausgehoben werden - wie Jerusalem und der Tempelplatz (Kapitel 6,6 - "Jerusalem habe ich erwählt!").
Solche Orte sind Zeichen durch die lange Geschichte des Volkes Israel.
Salomo weiß darum, deshalb bittet er Gott, daß er an seine Zusage denke. Gottes "Augen" und Gottes "Ohren" mögen nicht verschlossen sein, wenn an der geheiligten Stätte in Jerusalem am Tempel gebetet wird.

Leider kann auch so eine Zusage Gottes von Menschen falsch verstanden werden. Aus der "Zusage Gottes" wurde zur Zeit Jesu ein "Dogma", als ob Gott nur im Tempel in Jerusalem angebetet werden könne. Dem widerspricht Jesus im Gespräch mit der Samariterin und sagt:
"Aber es kommt die Zeit und ist schon jetzt, in der die wahren Anbeter den Vater anbeten werden im Geist und in der Wahrheit; denn auch der Vater will solche Anbeter haben."
(Johannes 4,19-24)
Christen glauben, daß der einzige wahre Ort der Begegnung mit Gott Christus Jesus, der Sohn Gottes, ist, durch den sie Gott im Geist und in der Wahrheit anbeten. Christen sind getröstet, daß Gott sich einen Tempel in dieser Welt errichtet hat - den Leib Jesu Christi. Das Abendmahl - mit Brot und Wein - bringt dies zum Ausdruck. Und, nach dem Apostel Paulus, sind auch wir "ein Tempel des Heiligen Geistes" (1.Kor.3,16.17; 6,19; 2.Kor.6,16), mit unserem Glauben und mit unserem Leben.

  • 20.Woche


  • Hinweis
    135.Lesung


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    Pfarrer i.R. Jakob Stehle
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