Besinnung - Jahresbegleiter  

25.März

Vor dem lebendigen Gott weinen

"Und das Volk kam nach Bethel und saß da bis zum Abend vor Gott, und sie erhoben ihre Stimme und weinten sehr."
(Richter 21,2)

Die Stämme hatten die Blutschuld in Gibea am Stamm Benjamin gesühnt. Das Ergebnis davon war, daß nun ein Stamm weniger existierte (Richter 21,6), denn man hatte geschworen, den Leuten der Benjaminiten keine Frau zu geben. War Gottes Verheißung an die Kinder Jakob mit einem Stamm zum Stillstand gekommen?

So trafen sie sich in Bethel (wo seinerzeit die Stiftshütte war - Richter 20,27) und weinten vor Gott!
Bethel ist ja berühmt geworden für das Weinen:
  • Das Weinen Jakobs auf der Flucht vor Esau!
  • Das Weinen der Rahel um ihre Kinder!
  • Das Weinen des Volkes um einen Stamm!
  • Und viele Jahrhunderte später das Weinen nach dem Kindermord des Herodes.

    Aber das Weinen hat eine Anlaufstelle: Es ist der lebendige Gott! Trotz allem Abfall von Gott, wie es das Richterbuch erzählt, hatte Israel nicht vergessen, daß sie einen Gott haben, der das Weinen hört. Er hörte damals das Weinen in Ägypten und half! Er hörte das Weinen der 11 Stämme, die im Kampf gegen den Stamm Benjamin viele Männer verloren. Und sie hofften, daß er auch diesmal ihr Weinen hören würde, wo es um die Existenz eines Stammes ging.

    Und sie besinnen sich wieder auf den lebendigen Gott und erbauen ihm einen Altar und opfern Brandopfer und Dankopfer (Richter 21,4). Sie erbaten von Gott Weisheit, wie man dem Stamm zu Frauen verhelfen könnte, hatten sie doch geschworen, den Stamm Dan zu bestrafen, der die Frau eines Gastes nicht verschont hatte.

    Und da geschah das Wunder, daß sie feststellten, daß die von Jabesch in Gilead an dem Schwur nicht beteiligt waren. Vierhundert Mädchen, die Jungfrauen waren, sollten nun dem Stamm Benjamin gegeben werden, damit er nicht für immer aus den 12 Stämmen verschwinden würde. Außerdem sollte man den Leuten aus Benjamin gestatten bei dem nächsten Fest sich Frauen zu nehmen.
    Das alles geschah in einer Zeit, die im letzten Vers des Richterbuches so umschrieben wurde: "Zu der Zeit war kein König in Israel; jeder tat, was ihn recht dünkte." (Richter 21,25)

    Uns mutet heute diese Geschichte sehr fremd an. Wir können - in der Zeit des totalen Individualismus - auch die Not des Volkes damals nicht ermessen - vor allem nicht in ihrem theologischen Inhalt. Aber wir können mitfühlen, wenn es um die Klage und das Weinen geht:
  • Wohl dem, der weinen kann!
  • Wohl dem, der vor seinem Gott weinen kann!
  • Wohl dem, der vor dem lebendigen Gott weint und sein Herz ausschüttet!


  • 12.Woche


  • Hinweis
    84.Lesung


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    Pfarrer i.R. Jakob Stehle
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