Besinnung - Jahresbegleiter  

4.Juli

VOLK OHNE HOFFNUNG AUF MORGEN

"Lasset uns essen und trinken; wir sterben doch morgen!"
(Jesaja 22,13)

Jesaja, der Prophet Jahwes, predigt gegen den Übermut Jerusalems. Jerusalem, die Stadt Davids, die Stadt der Gegenwart Gottes, ist in Übermut verfallen. In den Gefahren um sie herum sehen sie nicht mehr auf den lebendigen Gott, sondern sie vertrauen vielmehr auf ihre Rüstungen (22,8b). Sie haben Häuser abgebrochen, um ihre Stadtmauer zu befestigen. Darauf vertrauen sie, auf Mauern aus Stein!

Den aber, der der Herr der Geschichte und der Herr der Gegenwart und der Herr der Zukunft ist, den sehen sie nicht! Und obwohl Gott die Einwohner Jerusalems durch seine Knechte, die Propheten, zur Umkehr aufrief (Klagen und Weinen und das Trauerkleid), gehen sie den umgekehrten Weg: Freude, Wonne, Schlachten und Essen, Trinken und Fröhlichkeit sind angesagt.
Und mit welchem Erfolg? Mit dem Erfolg, daß sie für das Morgen keine Zukunft sehen: "Denn morgen sind wir tot!".

Erschreckend, wie sie den Aufruf Gottes zur Buße in den Wind schlagen. Gott ruft sie an. Allein das ist ja schon Gnade, daß Gott sie nicht in ihrer Sünde sitzen läßt. Gott kehrt sich zu ihnen! Und er ruft sie auf zu weinen und zu klagen, sich die Zeichen der Umkehr (Sack und Asche und das Schneiden der Haare) anzulegen. Doch sie schlagen dieses Rufen, "zurück in die gnädigen Arme Gottes" (Luther), aus. Sie verkehren sein Wort ins Gegenteil: Anstatt zu "fasten" wird "gefestet"!

Auch Paulus nimmt dieses Wort in seinem Brief an die christliche Gemeinde in Korinth auf (1.Kor.15,32). Er weiß um die Hoffnung auch für Morgen: Die Auferstehung der Toten. Und deshalb soll so ein verkürzter Lebensstil (begrenzt auf das Essen und Trinken) bei Christen nicht zu finden sein. Ja, man soll sich heftig gegen solch einen Lebensstil wehren und dafür alternativ leben: In der Hoffnung der Auferstehung.
Sein Aufruf heißt: "Werdet doch einmal recht nüchtern und sündigt nicht!

Ist die Zeit Jerusalems damals und die Zeit des Paulus nicht erschreckende Wirklichkeit auch für uns heute geworden? Ja selbst in der Passionswoche, wo nun wirklich Stille und Trauer, Besinnung und Einkehr angesagt ist, überschattet der Einkaufsrummel auf Ostern diese Tage. Allüberall im Land werden Passionsandachten angeboten - und kaum einer kommt! Karfreitag, der größte Feiertag der protestantischen Christen, war einst der Tag überfüllter Kirchen. Doch auch das hat sich geändert. Festen und Feiern sind angesagt, nicht aber Klagen und Weinen.

Aber es geht ja nicht nur um einen Tag in einer bestimmten Woche, es geht vielmehr um unseren Lebensstil generell. Es geht um die Frage, ob wir Gottes Ruf zur Umkehr hören.

  • 27.Woche


  • Hinweis
    184.Lesung


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    Pfarrer i.R. Jakob Stehle
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